90 Jahre Familiengeschichte - Interview mit Johannes Hangl

Mit vielen aufregenden und schönen Augenblicken.

«Graubünden Exclusiv»: Wann und wie hat die Samnauner Erfolgsgeschichte Prinz und Hangl begonnen?

Im Jahr 1923 heiratete Josef Prinz Alberta Wechner aus Kappl in Tirol. Ein Jahr später hat das Ehepaar Josef und Alberta Prinz eine grosse Wohnstube des Bauernhauses als Gaststube eingerichtet – nun musste ein Name für das Gasthaus gefunden werden. Als man sich auf «Stammerspitze», einen felsigen, von Steinböcken beheimateten 3000er in Samnaun, einigte, war das Gasthaus Stammerspitze geboren. Im Jahr 1925 empfing man die ersten Gäste, im kommenden Jahr blicken wir auf 90 Jahre Familiengeschichte mit vielen aufregenden und schönen Erlebnissen zurück.

Wie ist das Gasthaus Stammerspitze zum Sporthotel Post und Stammerspitze geworden?

Josef und Alberta Prinz waren leidenschaftlich gern Gastgeber und man hatte einen grossen Traum: Das Gasthaus sollte um ein Hotel erweitert werden. Anno 1933 hat man schliesslich den Mut gefasst und die Pläne realisiert und im darauffolgenden Jahr ein Hotel mit 60 Betten, Einzel-, Doppel-, Dreibett- und Vierbettzimmer mit fliessend Kalt- und Warmwasser, Zentralheizung und Vollpension eröffnet. Das Gasthaus wurde auch nach dem Bau des Hotels weiterhin von Einheimischen und Gästen gern besucht. Vor allem in der Zwischensaison war das für die Wirtsleute ein Segen, weil damals die Wintersaison zweieinhalb Monate dauerte. Heute kann man in Samnaun im Winter sechs Monate Skifahren.

Wie ging es weiter? Hatten Josef und Alberta Prinz Nachwuchs?

Ja, es gab vier Töchter. Die zweitjüngste Tochter, Caroline, habe ich 1959 geheiratet. Der Name Hangl war damit fest in Samnaun integriert. Als wir den elterlichen Betrieb übernommen hatten, errichteten wir anstelle des Gasthauses Stammerspitze ein Gästehaus mit modernen Gästezimmern inklusive Bad, Dusche, WC und Balkon sowie eine Wohnung für die Familie. 1964 bauten wir das Gästehaus Caroline, Zimmer mit Bad oder Dusche, WC und Balkon, eine grössere Wohnung für die Familie und Schwiegermutter Alberta und ein Verkaufsgeschäft für Souvenirs und Zollfreiwaren, das 1965 eröffnet wurde. Ungefähr zur gleichen Zeit bauten wir auch die Tankstelle Erpag bzw. Aral. Es war eine spannende Zeit, wir haben beim Bauen und Renovieren im Zweijahresturnus den Komfort für die Gäste laufend erweitert.

Wie hat sich der Tourismus entwickelt?

Die Wintersaisons in den Sechzigerjahren wurden immer stärker. Die Gäste waren damals vorwiegend Deutsche und Holländer, einige Engländer, aber kaum Schweizer. Neben privaten Buchungen gab es gut organisierte Gästeferienreisen über Reisebüros aus Deutschland. Diese Gäste reisten mit dem Zug nach Landeck, wurden mit Kleinbussen abgeholt und meistens nach vierzehn Ferientagen wieder nach Landeck zum Bahnhof zurückgebracht. Anfang der Siebzigerjahre setzte eine touristische Flaute ein, was aber unser Selbstvertrauen nicht schmälern konnte. Es wurde fleissig weitergearbeitet, exakt geplant und weiter in den Betrieb investiert. Freilich haben wir auch damals schon Werbung gemacht. Interessiert Sie ein Ausschnitt aus dem «Sporthotel Post und Stammerspitze»-Prospekt von anno dazumal? Natürlich, erzählen Sie uns davon.
Der Titel lautete: «Das Skiparadies Samnaun». Samnaun ist eines der herrlichsten Skiparadiese der Alpen. Der Winter ist hier überaus lang und unbedingt schneesicher. Die herrlichen Frühlingsfahrten dauern bis in den Mai. Dem Anfänger wie dem gewiegten Tourenfahrer stehen hierbei alle Möglichkeiten offen. Unter Führung der Schweizer Skischule können Sie Skitouren in das berühmte Silvrettagebiet zur Heidelberger Hütte, Jamtalhütte, zum Kölnerhaus, Skihaus Alp Trida und auf alle umliegenden Gipfel machen.

Das Skigebiet Samnaun-Ischgl zählt heute zu den besten und bekanntesten Skigebieten Europas. Wie haben Sie das miterlebt?

Der Ausbau des Skigebiets und der Bau der Luftseilbahn, von der ich Gründungsaktionär war, ging Hand in Hand mit weiteren Investitionen bei uns im Betrieb. 1983 planten wir eine grössere Hotelerweiterung. Komfortzimmer, Aufenthaltsräume, eine neue Hotelküche, Mitarbeiterzimmer und ein Nachtlokal auf Anraten der ältesten Kinder, Tochter Gabriela und Sohn Andreas, wurden errichtet. Zudem gründeten wir 1984 eine Gesellschaft – die Hangl AG. Meine Frau und ich waren sehr froh, dass sich unsere Kinder für die Nachfolge in unseren Betrieben interessierten. Es folgten die Aussiedlung der Tankstelle nach Clis da Ravaisch, 1996 der Bau des Erlebnisrestaurants Schmuggler-Alm, 1997 der Bau des Geschäftshauses Samnaunia und auch des Geschäfts Allegra neben der «Schmuggler-Alm» im Oberdorf.

Ihr Sohn Martin wurde Weltmeister im Super-G in Vail 1989. Die Führung eines Hotels und die Betreuung der Kinder beim Skirennsport, wie haben Sie das alles unter einen Hut gebracht?

Natürlich war der Skirennsport für mich und auch für meine Familie zeitaufwendig und manchmal auch sehr stressig. Vor allem wo die Kinder in Ftan, Samedan oder Chur zur Schule gingen; der eine Sohn sollte am Freitag von Samedan nach Bayern, der andere von Ftan ins Wallis und der dritte von Scuol ins Südtirol. Unsere Söhne fuhren in der Engadiner Jugendskirenngruppe mit, welche durch den ehemaligen Skirennfahrer Dumeng Giovanoli gegründet wurde. Da die Gruppen in Altersklassen eingeteilt waren, bildeten wir Fahrgemeinschaften mit Kleinbussen. Ich startete mit meinen Buben in Samnaun und weitere qualifizierte Fahrer stiegen in den entsprechenden Orten des Engadins zu. In St. Moritz waren die Fahrzeuge meistens voll und man fuhr zu den Austragungsorten ins Bündner- oder Zürcher Oberland, ins Tessin oder ins Wallis. In so einem Winter kamen manchmal über 20.000 km zusammen. Ab 18 Jahren durften sie selber mit dem Auto fahren – die Sorgen der Eltern wurden deshalb aber nicht kleiner (mit grinsendem Gesicht).

Martin, Christian sowie Marco kamen über FIS-Rennen in den Europacup. Martin und Marco haben es in den Weltcup geschafft. Marco hatte mehrere Top-Ten-Platzierungen, Martin hat mehrere Weltcuprennen gewonnen und wurde 1989 Weltmeister im Super-G in Vail, damals unter dem Teamleiter und Erfolgstrainer Karl Fresner. Andreas war im Schweizer Skidemo-Team unter der Leitung von Karl Gamma. Sie reisten in verschiedene Länder, auch nach Japan. Christian wurde 1988 Skilehrerweltmeister in Andorra. Nach dem Skifahren sind die Söhne Andreas, Martin und Christian neben Tochter Gabriela und Sohn Josef in die Betriebe der Hangl AG eingestiegen und leiten heute ein Unternehmen mit rund 160 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.

Bericht von «Graubünden Exclusiv»